Dienstag, 6. Oktober 2009

Brat Pack!!!












Teenie-Stars der Achtziger
Einmal Hollywood und zurück
Sie waren jung, sexy und lebten wie im Rausch: Emilio Estevez, Molly Ringwald, Judd Nelson und Co. wurden mit Filmen wie "Breakfast Club" über Nacht berühmt. Doch auf den Karrieresprung folgte bald der Absturz. einestages erinnert an die vergessenen Teenie-Stars - und verrät, was aus ihnen wurde. Von Daniel Sander


Ach ja, die Achtziger. Sie waren nicht nur die Dekade von Schulterpolstern und Synthie-Pop, Pastellfarben und Yuppiekultur. Sie waren auch die Ära, in der Hollywood erkannte, dass man mit Teenies prächtig Profit machen kann. Bis Mitte der siebziger Jahre war Kino in erster Linie eine Angelegenheit für Erwachsene, denn die hatten das Geld. Doch dann erfanden Steven Spielberg und George Lucas mit "Der weiße Hai" und "Krieg der Sterne" das Konzept des Event-Blockbusters, und entdeckten die Teenager als Kunden. Mit immer mehr Taschengeld ausgestattet beanspruchte die Jugend bald die Lichtspielhäuser für sich. Und sie brauchte Helden. Sie bekam das "Brat Pack" - eine Gruppe Schauspieler, die ab 1983 in ihren Filmen wie im Privatleben das Lebensgefühl einer neuen Generation verkörperte: jung und missverstanden, aber schön und selbstverliebt, das Leben eine Party. Als ihr Anführer galt damals Emilio Estevez, der mit "Repo Man" bekannt geworden war. Die Kerntruppe bildeten der Schönling Rob Lowe, der selbsternannte Rebell Judd Nelson, die rothaarige Ballschönheit Molly Ringwald, das schnuckelige Milchgesicht Andrew McCarthy, die stupsnäsige Ally Sheedy, die bis heute bekannte Demi Moore und der auf Streberrollen abonnierte Anthony Michael Hall. Zum weiteren Kreis zählten Matt Dillon, Tom Cruise, John Cusack, Matthew Broderick und Robert Downey Jr. Sie alle waren Anfang bis Mitte 20, kannten und mochten sich, gingen gemeinsam aus oder waren - wie Estevez und Moore oder Hall und Ringwald - zeitweise liiert. Ihre Filme waren die Art kommerzieller Coming-of-Age-Geschichten, die man sich noch heute gern ansieht, um dann mit verklärtem Blick zu denken: Ja ja, so war das damals. Oder so ähnlich. Das ging auf die amüsante Art, wie in "Der Breakfast Club" oder "Class - Vom Klassenzimmer zur Klassefrau", als Liebesgeschichte wie "Pretty in Pink", oder als etwas härtere Nummer wie "Unter Null", nach dem Debüt-Roman von "American Psycho"-Autor Bret Easton Ellis, oder dem Brat-Pack-Klassiker "St. Elmo’s Fire". Hauptsache es ging um einen Haufen problembeladener und egomaner junger Leute, die sich fragten, wo sie eigentlich hingehörten im Leben. Die sich als Rebellen fühlten, aber durch und durch angepasst waren. Vom Rat Pack zum Brat Pack In Anlehnung an das legendäre Rat Pack - die Partygang um Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Jr. in den sechziger Jahren - machte der Journalist David Blum 1985 in einer Titelgeschichte für das "New York Magazine" den Begriff Brat Pack (sinngemäß: Görenbande) für die neue Riege aufstrebender Stars bekannt, die sich auch damit hervortat, nie eine klassische Schauspielausbildung genossen zu haben. Auf dem Cover waren Estevez, Lowe und Nelson als verschworenes Freundestrio zu sehen, und so traten sie auch im Artikel auf: Gemeinsam feiernd und Blondinen aufreißend im Hard Rock Café (galt damals noch als wahnsinnig angesagt), ihre persönliche Erfolgswelle surfend, sich selbst ziemlich großartig findend. Stolz zeigten sie Blum, wie sie überall umsonst reinkamen und an den langen Schlangen vor den Clubs vorbeigewunken wurden; enttäuscht steuerten sie den nächsten Laden an, wenn sie auf der Tanzfläche nicht erkannt wurden. Das Brat Pack war nicht zwingend sympathisch, aber in den Achtzigern ging es auch nicht darum, sympathisch zu sein. Man wollte cool sein. Das spiegelte sich auch in den Filmen. "Der Breakfast Club" vom kürzlich verstorbenen John Hughes, das wohl bekannteste und vielleicht beste Brat-Pack-Werk, versammelte eine zunächst nicht gerade liebenswürdige Truppe zum Nachsitzen in ihrer High School. Die klassischen Archetypen waren das: der Streber (Hall), der Sportler (Estevez), die Prinzessin (Ringwald), der Rebell (Nelson), die Außenseiterin (Sheedy). Menschen, die sich nur mit sich selbst beschäftigen und sich gegenseitig verachten, die nur die eine Facette kultivieren, die auch jeder von ihnen erwartet. Im Laufe des Films dürfen sie im Zwangsverbund gegen den gemeinsamen Feind (alle Erwachsene) einander näher kommen und erkennen, dass sie ja alle nur Menschen sind. Und jeder durfte noch genau eine andere Facette entwickeln, um der Jeder-Mensch-ist-vielschichtig-Botschaft des Films zu genügen. Joel Schumachers "St. Elmo’s Fire", 1985 kurz nach dem "Breakfast Club" erschienen, zeichnete Charaktere, die in ihrer arroganten Ich-Bezogenheit schon an die Grenze des Erträglichen gingen. Die Freundesgruppe frisch gebackener College-Absolventen bestand aus einem liebeskranken Stalker (Estevez), der einer älteren Frau nachstellt, einem frustrierten Autoren (McCarthy), einem geldgierigen Yuppie (Nelson), der ständig seine Freundin (Sheedy) betrügt, einem Musiker am Rande des Alkoholismus (Lowe), und einer Koksnase (Moore), die zwecks Karriereförderung mit ihrem Chef ins Bett steigt. Am Ende sind sie alle ein bisschen erwachsener geworden, trotzdem: Auf ein Bier treffen möchte man eigentlich niemanden von ihnen. Goldene Himbeeren und skandalöse Sexvideos Den Zeitgeist traf es - "Breakfast Club" und "St. Elmo’s Fire" waren große Erfolge, die Schauspieler waren Stars. Das ging noch ein paar Jahre lang gut, doch nur die wenigsten schafften es, ihre Karriere auch in die neunziger Jahre hinein zu retten. Zusammen waren sie stark, allein ging es bergab. Emilio Estevez, der immer als Anführer und als der Talentierteste galt, schaffte 1988 mit "Young Guns", einer Art Brat-Pack-Western, noch einen respektablen Erfolg, danach folgte Flop auf Flop. Zuletzt versuchte er sich als Regisseur ("Bobby"), was ihm teilweise wohlwollende Kritiken einbrachte, aber nur wenige Zuschauer in die Kinos zog. Molly Ringwald, der persönliche Liebling des Regisseurs John Hughes, war eigentlich schon nach "Pretty in Pink" abgemeldet und spielt heute in einer Serie im US-Kabelfernsehen. Rob Lowes Karriere hat sich nie wirklich erholt, nachdem 1988 ein Privatvideo aufgetaucht war, dass ihn beim Sex mit einer Minderjährigen zeigte. Anthony Michael Hall legte Ende der Achtziger wegen eines Alkoholproblems eine zweijährige Schaffenspause ein, danach hatte ihn Hollywood mehr oder weniger vergessen. Mit Judd Nelson wollte nach zwei aufeinanderfolgenden Nominierungen für die Goldene Himbeere als schlechtester Schauspieler (für "Karriere mit links" und "Blue City") niemand mehr arbeiten, der einen Ruf zu verlieren hatte. Ally Sheedy, sogar dreimal für die Goldene Himbeere nominiert, konnte sich 1998 mit ihrer Rolle im Künstlerinnendrama "High Art" so etwas wie einen Ruf als Charakterdarstellerin erarbeiten, ist aber auch nur noch selten zu sehen. Einzig Demi Moore hatte damals ihre wirkliche Karriere mit "Ghost" und "Eine Frage der Ehre" noch vor sich. Vielleicht hätte manchem Brat-Packer der Besuch einer Schauspielschule doch gut getan. Vor allem wurde das Brat Pack aber einfach zu alt, um noch länger ein Idol für die Jugend zu sein. In den Neunzigern kam die melancholische Generation-X-Clique um Winona Ryder, Johnny Depp und Ethan Hawke und bestimmte die Popleitkultur. Die glamourösen Egoisten der Achtziger wurden so uncool wie ihr Jahrzehnt. Womöglich ändert sich das bald wieder. Angeblich plant ein amerikanischer Sender ein Serien-Revival von "St. Elmo’s Fire". Vielleicht sind für die Helden von einst ja ein paar Gastrollen drin.


spiegel.de

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